8 Von Burundi nach Ruanda

8 Von Burundi nach Ruanda

6. Mai 2023

Die Fahrt war eine sechsstündige Stimulierung der Sinne. So schöne Grüns und Rostrots ergänzt durch die Farben der Kleider der Menschen, der Motorräder, der Häuser. So viele Menschen.

Auf dem Weg ist mir aufgefallen, dass es in vielen Dörfern relativ neue Moscheen gab. Diese waren meist in gutem Zustand, sahen aber nicht so aus, als ob sich dort viele Menschen treffen. Vereinzelt habe ich mit Niqab vollverschleierte Frauen gesehen. Von mir aus darf sich jeder Mensch seine Religion aussuchten und sich kleiden, wie er/sie will, aber – Achtung, jetzt wird es politisch unkorrekt: eine schwarze Vollverschleierung passt irgendwie nicht zu den fröhlichen bunten Farben Burundis. Und einen Religionskonflikt obendrauf kann sich Burundi nun wirklich nicht leisten. Womit ich möglicherweise ein weiteres politisch brisantes Fass geöffnet habe…

Wir kommen zur Grenze.

Nach kurzem Hin und her wegen meines Visums bin ich in Ruanda.

Lasst uns diese neue Etappe mit einem Ratespiel beginnen: die folgenden vier Bilder wurden hinter der Grenze von Burundi auf Ruandas Staatsgebiet fotografiert. Wer erkennt die Unterschiede zwischen den beiden Nachbarn? Eure Antworten könnt Ihr in den Kommentaren posten. Ich löse es dann später auf. Es gibt auch eine kleine Überraschung zu gewinnen!

1. Hier sind zwei Dinge zu sehen, die es so in Burundi nicht gibt. Das erste ist offensichtlich, das zweite ist bei genauerem Blick zu erkennen.
2. Wieso fährt Desiré hier plötzlich so brav wie ein Lamm in der Fahrschule?
3. Auch hier gibt es viele Dinge zu entdecken. Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten.
4. Mindestens ein wichtiger Unterschied ist hier zu sehen.

Was noch unmittelbar auffällt:

  • Frauen in Funktionspositionen: als vollbewaffnete Soldaten, als Verkäuferinnen, geschminkt und gestylt. Ich werde darauf zurückkommen.
  • Es ist ziemlich sauber – Ruanda wird auch als „Singapur Afrikas“ bezeichnet. Schon im Grenzbereich zwischen den Schranken gibt es eine Hygiene-Handwaschstation (hätte ich gerne fotografiert, hab mich aber wegen der ganzen Soldaten nicht getraut). Das habe ich in ganz Burundi nicht gesehen: Burundi hat leider auch ein Hygiene-Problem.

Am Nachmittag kommen wir dann in Kigali an. Zur Stadt selber berichte ich später. Nach einiger Sucherei haben wir dann auch eine Apotheke gefunden, die die Medikamente für Luanis vorrätig hat. Ein Burundier und ein Muzungu, die für 1.000 € Medikamente kaufen? Da trauen uns die Angestellten irgendwie nicht und verlangen Bargeld (was eher unüblich in Ruanda ist). Wir also zum nächsten Bankautomat. Der liest meine Mastercard nicht. Bei der nächsten Bank stürzt gleich das ganze System ab, als ich meine Karte einschiebe. In der dritten Bank gibt es gar keine ATMs. In der vierten schließlich nur noch kleine Noten. Egal, Hauptsache sie haben genug Scheine für 800.000 Ruanda Franc. Ich bin ein bisschen schadenfroh – nicht als Deutscher sondern eher als Vertreter der Burundier: „Na, bei Euch klappt aber auch nicht alles…“. Mit einem Riesenhaufen alter Scheine erscheinen wir wieder in der Apotheke und zahlen die Arzneimittel. Der Blick der anderen Kunden ist nicht gerade freundlich. Desiré bringt mich dann noch zum Hotel und fährt direkt zurück nach Kivoga. Das wird eine anstrengende Tour. Hoffentlich sehe ich ihn irgendwann wieder; er ist ein angenehmer Zeitgenosse.

Und dann ins Hotel zur Gruppe von Karin und Hans. Das Hotel ist ordentlich – Business Style – auch wenn es Probleme beim einchecken gibt. Cousin Lulu ist auch da: welch eine Freude! Einen Burger mit Fritten zum Abendessen, nette Gespräche beim ersten Kennenlernen, einen Gin Tonic zum Nachtisch…

STOP

Das ging zu schnell. Ist Burundi jetzt vergessen? All das noch vor wenigen Stunden Gesehene, die Armut, die Probleme? Noch ein paar nette bunte Fotos fürs Erinnerungsalbum und fertig. Naja, der Mensch funktioniert eben so, und das hat ja auch seinen Sinn, aber „zur Tagesordnung übergehen“, das werde ich nicht.

Jetzt sitze ich abends im Hotelbett und denke darüber nach. Warum ist die Verteilung in der Welt so ungleich? Und wichtiger: wie kann man das verändern? Wir haben eben darüber diskutiert: Deutschland und Ruanda haben jeder eine entsetzliche Katastrophe erlebt. Deutschland 1933-45, Ruanda 1994. Danach ging es für beide steil aufwärts. Burundi dagegen steckt immer noch mitten drin in seiner dauerhaften, aber nicht so bekannten Katastrophe. Wie kommt es da hinaus? Braucht es auch hier ein schreckliches Ereignis, einen Höhepunkt des Chaos‘? Ich finde gerade als Deutscher, dass wir alles tun müssen, dies zu verhindern. Wir, die „Dichter und Denker“, die „besten Ingenieure der Erde“ müssen doch vernünftige Ideen dafür entwickeln können, um zusammen mit der burundischen Bevölkerung eine alternative, friedliche Lösung für dieses herrliche Land zu finden?!? Ich verspreche, dass ich mich weiter für Burundi einsetzen werde, dann schmeckt mir der Gin-Tonic noch besser.

12 Kommentare

  1. Roswitha Cordes

    Was ist in Ruanda anders?
    Straßen ohne Schlaglöcher.
    Telefonleitungen.
    Straßenbeleuchtung.
    Sperr weiter Augen und Ohren auf und lass uns an Deinen Erfahrungen und Überlegungen teilnehmen!

  2. Stacheldraht und Beschilderung auf Englisch, und Blitzer 😉
    Schon wieder DANKe Till 😘
    Wie können wir es schaffen die Medikamente für die anderen 4 Monate finanziert zu bekommen?

  3. 1. Straßenqualität, Stromleitungen
    2. Blitzer
    3. englische Straßenschilder, Straßenbeleuchtungen
    4. englische Straßenschilder, Heineken-Werbung

  4. Moment: Emil wiederholt die bekannten Dinge und ordnet sie!
    Das MUSS noch ausdiskutiert werden 😇
    Grandiose Nachricht wegen der Behandlungskosten 👍👍👍

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