9 Ruanda Teil 1

9 Ruanda Teil 1

7. Mai 2023

Man kann nicht über Ruanda schreiben, ohne den Völkermord an den Tutsi 1994 mit einzubeziehen. Ich will hier nicht die ganze Geschichte erzählen, außerdem ist das Vorwissen der Leserinnen unterschiedlich. Ich verweise deshalb auf die entsprechenden Quellen. Sicher ist jedenfalls, dass ein lang vorbereiteter Völkermord von radikalen faschistischen Hutus an der Minderheit der Tutsi mit der Ermordung des damaligen Präidenten Habyarimana am 7. April 1994 begann. Innerhalb von drei Monaten schlachteten die Hutus fast eine Millionen Tutsi auf unfassbare grausamen Weise ab. Hunderttausende Frauen wurden vergewaltigt und gefoltert.

Ein Besuch Kigalis beginnt man deshalb am besten mit dem Besuch der wichtigsten Gedenkstätten. Das Kigali Genocide Memorial ist das bekannteste und größte im Land. 250.000 Opfer des Massakers sind hier begraben. Um die verschiedenen Grabstätten herum wurde ein artenreicher Garten angelegt. Eigentlich sind es verschiedene kleinere Gärten, die alle unterschiedliche Themen haben. Im Zentrum steht ein Museum mit einer ergreifenden und klugen Ausstellung über die schrecklichen Vorgänge, die mit der Kolonisierung durch die Deutschen um 1875 begannen und die bis heute nachwirken. Die Parallele zum Holocaust ist eklatant. Ich will hier nur ein paar Fotos zeigen und ansonsten schweigen.

Erinnerung und Trauer sind wichtig. Vergebung auch? In einem Interview-Film im Museum waren die Antworten darauf unterschiedlich. Aber verhindern, dass so etwas nicht noch einmal passiert, ist allen wichtig. Nehmen die Ruander deshalb in Kauf, dass ihr Präsident Paul Kagame nicht sehr tolerant gegenüber anderen Meinungen als der der Regierung ist?

Danach haben wir die ehemalige Residenz des damaligen Präsidenten Habyarimana besucht. Ein luxuriöses, architektonisch modernes Gebäude aus den 1980er Jahren. Es wurde im großen und ganzen unverändert gelassen. Es ist umgeben von einem prachtvollen Garten mit Swimmingpool, Poolbar, Aquarium und vielen schönen Pflanzen. Im Zentrum des Gartens befand sich ein offenes Terrarium mit einer Riesenpython, die Robert Mugabe, ehemaliger Machthaber von Zimbabwe (ex Rhodesien siehe mein Beitrag hier) dem Präsidenten als Gastgeschenk mitgebracht hatte. Mit dem Mord am Habyarimana verschwand die Python. Sie gilt seitdem bis heute als böser Geist.

Am 6. April 1994 befand sich Präsident Habyarimana auf dem Rückflug von einem Staatsbesuch in Tansania. Beim Anflug auf Kigalis Flughafen wurde seine Maschine von einer Rakete abgeschossen und stürzte ab. Alle zwölf Insassen einschließlich Habyarimana starben. Die Maschine zerschellte auf dem Boden durch Zufall direkt vor seiner Residenz. Die Teile liegen noch heute dort und sind Teil des Museums. Sie sind Symbol für den unmittelbaren Beginn des Genozids am 7. April 1994. Fotografieren darf man diesen Teil nicht.

Inzwischen beinhaltet das Haus eine umfangreiche Sammlung außergewöhnlicher moderner Kunst unterschiedlicher afrikanischer Künstler. Leider sind die Bilder und Skulpturen nicht kuratiert sondern hängen wild durcheinander. Ich finde es richtig, dass ein so skurriles Gebäude mit dieser Geschichte eine neue konstruktive Funktion bekommen hat. Auch hier durfte man nicht fotografieren.

8. Mai 2023

Los geht es mit dem Business-Teil. Ich halte dies kurz.

Erste Station Viebeg, ein relativ kleiner Healthcare Online Shop mit Finanzierungsangeboten für Kunden und „Datadriven AI-gestützter Beratung.“ Zulieferer kommen zu 60% aus China, Branche: vielversprechend, Finanzierung ab 1.000.000€. Ergebnis: Interessant aber eine Million haben wir nicht dafür, also: Nein, will ich nicht.

Viebeg

Zweite Station Ampersand: E-Motorräder für den Taxi- und Lastenbetrieb, Teile kommen aus China, schneller Akkuwechsel an Swap-Stationen, statt aufladen, Branche: sehr vielversprechend, Investitionen ab 15 Millionen, Ergebnis: Nein.

Dritte Station Irembo E-Gouvernance auf dem Niveau von Estland, Branche ok, Finanzierung nicht möglich, Ergebnis: Nö.

Vierte Station Rubia Coffee Roasters, Branche mittel, Finanzierung nicht möglich, Ergebnis: Nö.

Fünfte Station Awsomity Lab IT-Company Branche vielversprechend, Finanzierung nicht möglich, Ergebnis: Nö.

Gesamtergebnis: Sehr interessanter Tag, viele Gespräche. Finanzierung: am ehesten so etwas wie Viebeg aber insgesamt 5 Nös, also keine Anlagemöglichkeit für BCS oder CVG.

Morgen geht’s weiter…

4 Kommentare

  1. Zwei der meines Erachtens besten – aber auch schwer zu ertragenden – nicht-wissenschaftlichen Bücher zum Genozid in Ruanda sind:
    Romeo Dallaire, „Shake hands with the devil“
    Philip Gourevitch, „We Wish to Inform You That Tomorrow We Will Be Killed With Our Families“
    Dallaire war Kommandeur der Blauhelme, die während des Völkermords in Ruanda stationiert waren. Neben dem Ablauf der Ereignisse und den unsäglichen Grauen des Genozids schildert er auch minutiös das Versagen der Weltgemeinschaft angesichts der Ereignisse von 1994, die vermutlich mit einem sehr überschaubaren Aufwand seitens der internationalen Community hätten verhindert werden können und die keineswegs so unerwartet gekommen waren, wie es nicht wenige später darstellten. Dallaires Schilderungen und Schuldzuschreibungen in „Shake hands“ werden heute außer von unverbesserlichen Revisionisten von niemandem mehr wirklich angezweifelt. Es gibt übrigens auch eine sehenswerte Dokumentation gleichen Titels.
    Gourevitch ist ein Autor und Journalist, der Ruanda nach dem Genozid bereist und die unterschiedlichsten Stimmen aus dem Land gesammelt hat.

  2. Frieder Weis

    Wie Thomas – und jetzt auch Tillmann – bin auch ich nach dem Besuch in Burundi-Ruanda erschüttert über den damaligen Genozid in beiden Ländern. Meine zwei Tipps für zwei unglaubliche Bücher kommen von dem Journalisten Jean Hatzfeld, dem es gelungen ist sowohl Täter als auch Opfer zu interviewen. Unglaublich aufschlussreich und spannend. Und übrigens: Weder in der Holocaust-Literatur des Nationalsozialismus noch in der Aufarbeitung der DDR-Gräuel habe ich so erschütternd ehrliche Täteraussagen gefunden wie bei ihm:
    Jean Hatzfeld: Zeit der Macheten. Gespräche mit den Tätern des Völkermordes in Ruanda und
    Jean Hatzfeld: Nur das nackte Leben. Berichte aus den Sümpfen Ruandas.
    Was hier Überlebende schildern kann ich mit Worten gar nicht ausdrücken, ich kann nur bewundern, was die Menschen dort aushalten – bis heute.

  3. Tillmann Cordes

    Hier auch noch ein Link einer Teilnehmerin der „Learning Journey“: https://www.hrweb.at/2023/05/learning-journey-digital-rwanda/

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