Ein Projekt in Indien.
Es gibt weniges in einer Gesellschaft, was das friedliche Zusammenleben mehr stört als die Missachtung des Mädchens und ihres Lebens, wie sie in vielen Dörfern Indiens zu finden ist. Oft kommen auf 100 Jungen im heiratsfähigen Alter nur 80 Mädchen – ein schweres Problem für die Betroffenen und für die ganze Dorfgesellschaft.
Das Phänomen ist bekannt und wird auch in Indien offen diskutiert. Die Ursachen liegen in tiefverwurzelten, oft sogar in religiös begründeten Verhaltensweisen, die nicht einfach durch eine Berufung auf die Rechte der Frau in einer modernen Gesellschaft geändert werden können.
Die Becker/Cordes Stiftung hat seit fast zwanzig Jahren enge Kontakte zu WOTR (Watershed Organisation Trust) in Maharasthra. Hier handelt es sich um eine bewährte Organisation, die sich in dem semiariden Gebiet im östlichen Regenschatten der „West Ghatts“ um eine Revitalisierung der Natur der unter großer Trockenheit leidenden Talgemeinschaften kämpft. Das besondere Merkmal der Arbeit von WOTR ist der „partizipatorische Ansatz“, mit dem alle Dorfbewohner an den Beratungen, Planungen und Arbeiten für die Verbesserung der Landschaft beteiligt werden. Es gibt entsprechende Arbeitsgruppen, z. B. werden die Leiter von den Versammlungen gewählt und zu Ausbildungsmaßnahmen delegiert. Viele Arbeiten zur Wassergewinnung nach dem Monsunregen und zur Wiederaufforstung werden gemeinsam geleistet, und gemeinsam wird auch kontrolliert, ob etwa das Verbot des Holzeinschlags oder der Viehweidung in den jungen Baumbeständen auch eingehalten wird.
Wenn die Landwirtschaft dann wieder aufgeblüht ist (und das geht in dem sonnenreichen Klima schon in ca. zwei Jahren), werden in den Dörfern weitere Fortschritte möglich. Dazu gehört ein Programm, das besonders die Frauen angeht: Schulungen in gesunder Ernährungsweise, Gesundheitsvorsorge, Familienplanung und Säuglings-und Kinderpflege. Es werden Dorfhelferinnen ausgebildet, die einen Basisgesundheitsdienst leisten können.
So ist eine „ganzheitliche“ Dorfentwicklung möglich, die von ökologischen und partizipatorischen Grundzügen geprägt ist. In über 400 Dörfern werden heute ca. 400.000 Menschen erreicht.
Dieses bewährte Instrument wird nun seit einigen Jahren – auch auf unsere Anregung hin – für „A Chance for Girls“ eingesetzt. Dr.med d´Souza, die indische Leiterin des Projekts, und ihre Mitarbeiterinnen wissen, wie tief die Missachtung der Frau in der überkommenen Dorfkultur verwurzelt ist. Mit vielfältigen und vorsichtigen Maßnahmen sucht man das zu ändern. Es wird zu Versammlungen junger Frauen eingeladen, wie man das schon in der bisherigen Arbeit gewohnt ist. Es setzt eine Gruppenbildung ein, die jede einzelne stärkt – auch gegen Herrschaftsansprüche der Schwiegermutter und gegen eine schlechte Behandlung durch den Ehemann. Es wird über die Rolle der Frau und des Mädchens in der Familie und im Dorf diskutiert. „Muss man die Tochter wirklich schon mit 13 Jahren verheiraten, wenn sie weder körperlich noch seelisch für eine partnerschaftliche Ehe reif ist?“ Jedes neugeborene Mädchen wird mit einem Geschenk begrüßt, und die Mutter wird vor allen Dorfbewohnern beglückwünscht.
Es wird ein öffentliches „Monitoring“ eingeführt, in dem alle Kinder verzeichnet sind – nach Geschlechtern getrennt. Dort werden Gewichtszunahmen, Impfungen und Krankheiten verzeichnet. Jetzt wird es schwieriger, ein Mädchen offensichtlich zu benachteiligen, wie es bisher heimlich meistens geschah. Auch wird auf das in Indien bestehende, aber oft nicht beachtete Verbot der Pränataldiagnose hingewiesen, die oft zu einer Abtreibung weiblicher Föten geführt hat. Es werden Preise verteilt für die schönsten weiblichen Kleinkinder – die Mütter und Schwiegermütter sollen sich über ein Mädchen freuen können. Natürlich wird auch für eine sorgfältigere und längere Schulbildung der Mädchen geworben und der Schulbesuch evt. unterstützt. Damit die Frauen mit Handwerk und Handel sich neben der Landwirtschaft Einkommen verschaffen können, gibt es ein eigenes Kleinkreditprogramm, das ihre Stellung in Familie und Gesellschaft stärkt. Eine Ausbildung zur Dorfgesundheitshelferin, die auch eine kleine Apotheke unterhalten kann, stärkt natürlich das Ansehen solcher Frauen bei jedermann.
Die Aus- und Fortbildungen der dörflichen Führungskräfte werden in dem Bildungscenter von WOTR vorgenommen, das für die Gesamtarbeit eine Schlüsseleinrichtung ist.
All diese Maßnahmen werden von der Becker/Cordes-Stiftung und von Rotary Deutschland finanziert. Diese Spendenmittel, verbunden mit der Basisarbeit von WOTR, eröffnen vielen Mädchen in den armen Dörfern Indiens ganz neue Lebenschancen.
Spendenkonto:
Bank im Bistum Essen
IBAN: DE02 3606 0295 0031 0230 25
BIC: GENODED1BBE
Direkt spenden auch über: https://www.betterplace.org/de/projects/50593-a-chance-for-girls