11 Ruanda Teil 3
11. Mai 2023 Abends
Nach dreistündiger Fahrt erreichen wir in strömendem Regen die Mountain Gorilla View Lodge 3 km von der Grenze zum Kongo entfernt. Sie liegt auf 2.300m Höhe; es ist unangenehm kalt. Nach einem schnellen Abendessen, sinken Cousin Ludwig und ich ins Bett und erleben eine Überraschung: unser getrenntes(!) Super-King-Size-Bed ist mit je einer Wärmflasche vorgewärmt. Wir schlafen sofort ein.
12. Mai 2023
Der Wecker klingelt um 5:40. Jetzt im Morgenlicht sehen wir erst, wie schön die Lodge liegt.
Kurzes Frühstück und dann zum Volcanoes National Park. Am Eingang werden wir den Rangern Patience und Jovid zugeteilt, die das Briefing übernehmen und uns auf unserer Tour begleiten. Nach der Einführung wandern wir über Äcker und durch Eukalyptuswälder zum Nationalpark. Wir lernen viel über Gorillas. Sie leben in Familien, die sich zusammensetzen aus einem Silverback mit mehreren Frauen, einigen Jugendlichen und Kindern. Immer zwei Ranger betreuen dauerhaft ein und dieselbe Familie. Unsere heute heißt „Quissanga“, das bedeutet „Willkommen“.
Aber zunächst müssen wir Quissanga suchen. Es dauert ein bisschen bis wir über Funk die Mitteilung erhalten, dass sie ganz in der Nähe sind. Zur Sicherheit stoßen fünf bewaffnete „special rangers“ zu uns, die zur Not eingreifen können, wenn es Ärger gibt.
Letzte Instruktionen: Ein tiefes „grr grrrrr“ bedeutet: alles ok. Und „Eh eh eh“ heißt Gefahr oder „aus dem Weg!“. Nicht nur die Gorillas sprechen so, auch wir sollen immer brav signalisieren, das alles in Ordnung ist: „grr grrrrr“. Und dann plötzlich sehen, oder besser: riechen wir sie. Der Chef – es ist offensichtlich, warum er „Silverback“ heißt – verströmt ein süßliches Parfum, welches den Damen offensichtlich gut gefällt. Er lässt es sich gut gehen, sitzt faul an einem Baum und verdaut. Eine seiner Frauen ist immer bei ihm und pflegt ihn, zupft seinen Augenbrauen, krault ihm den Rücken.
Die Kinder spielen und klettern. Einer von den ganz Kleinen übt „König sein“. Er wird sicher später mal ein mächtiger Silverback!
Und natürlich kommt wieder die Frage auf: Wie sozial ist so eine Reise gegenüber der armen lokalen Landbevölkerung eigentlich? Was denkt sich ein Bauer, der selbst noch nie einen Gorilla gesehen hat, wenn er für 1 US$ einem Europäer oder Amerikaner bis zum Rand des Nationalparks den Schirm hält. Der Touri hat für Fahrt, Flug, Unterkunft etc. mindestens 5.000 US$ ausgegeben. Aber der Tourismus bringt der lokalen Bevölkerung viele Devisen ein. Insgesamt versorgen jährlich 30.000 Touristen über 300.000 Menschen, wenn auch nicht vollständig, denn die meisten haben außerdem landwirtschaftliche Arbeit. Diese Form des sanften Tourismus kostet natürlich eine Menge Geld. Allein die Lizenz, die Gorillas 60 Minuten lang beobachten zu dürfen, beträgt 1.650,- US$. Insgesamt profitieren Ruander und Gorillas gleichermaßen. Was meint Ihr? Ich finde es „grr grrrrr“.
Am Nachmittag dann besuchen wir ein „Living History“-Museum. Es zeigt verschiedene Aspekte aus der Zeit vor Ruandas Unabhängigkeit 1961, als es noch ein Königreich war. Es ist ein bisschen ein Spektakel für uns weiße Touristen, aber Musik und Tanz sind ganz toll: intensiv, laut, lachend. Und wieso sollen sie nicht Geld verdienen, indem sie uns etwas vorspielen. Ist nicht auch „Cosi fan tutte“ an der Wiener Staatsoper ein seltsames Spektakel unserer Kultur? Living History heißt in diesem konkreten Fall: sie wählen Cousin Ludwig zu ihrem König. Es lebe König Louis XCVIII!
Super Bericht! Schön kann man auf diese Weise ein wenig an der Reise teilnehmen.
Danke Florian. Hier aus der Ferne freue ich mich, dass ich „virtuell“ begleitet werde.