4 Burundi Teil 1

4 Burundi Teil 1

1./2. Mai 2023

Die Koffer sind gepackt. Nüscht vajessen? Checkliste zum dritten Mal geprüft. Kein Streik bei Bahn oder Flug. So muss es sich vor einem Bungee-Sprung anfühlen: nicht zu viel nachdenken, let’s go!

Die Bahn ist pünktlich. Der Flieger auch. Morgens um 5 Uhr Landung in Addis Abeba. Es regnet und es ist viel los hier.

Weiterflug um 11:30 Uhr nach Bujumbura, der ehemaligen Hauptstadt Burundis. Auch dieser Flug ist pünktlich. Die Formalitäten bei der Einreise sind ruckzuck geklärt und ich bin drin. Es holen mich der Chef Denis, Geschäftsführer Richard und Fahrer Desiré ab. Was für ein schöner Empfang.

Willkommen in Burundi. Laut Wikipedia das ärmste Land der Welt. Jedenfalls wenn man das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf zu Grunde legt. Es beträgt 261$ (Platz 192 von 192), in Deutschland sind es 51.238$ (Platz 18 von 192). Vorletzter ist übrigens Südsudan mit 360$. Und was sagt uns das?

Der erste Eindruck hier in Burundi ist zunächst „normal“; zwar stehen ziemlich viele bewaffnete Polizisten an Kreuzungen und Fahrbahnrand, die aber zurückhaltend sind. Zuerst fahren wir in 10 Minuten an den Tanganjika-See. Palmenstrand mit 5-Stern-Hotel: ein Paradies. Aber es sind kaum Menschen hier, die sich das leisten können. Überhaupt gibt es hier für solch ein schönes Binnenmeer kaum Infrastruktur: keine Boote, keine Surfschulen, kaum Lokale, kein Strandleben. Schwimmen ist nicht angesagt; neulich ist ein Russe von einem Krokodil gefressen worden. Und die Nilpferde sind sowieso saugefährlich… Schade!

Dann fahren wir zum Belvedere oberhalb der Stadt mit einer traumhaften Aussicht. Auch hier stellt sich die Frage, ob sich die Armut eines Landes alleine über das BIP definiert?!

Aber jetzt müssen wir los, denn unser Ziel Kivoga liegt 120 km von Bujumbura entfernt, und nach Sonnenuntergang fährt es sich nicht so gut. Also mitten durch die Stadt durch die ärmeren Viertel hinauf in die Berge. Und jetzt wird einem klar, wo die Armut liegt: zunächst in der Stadt, wo sehr viele Menschen am Straßenrand vor einfachen Gebäuden, die sich nicht in gutem Zustand befinden, stehen und dort – ja wie soll ich es sagen: leben. Auf dem Weg durch die Berge liegt ein Dorf neben dem anderen. Das Land ist dicht besiedelt. Immer wieder ähnliche Bilder. Viele Menschen stehen am Straßenrand und reden, kaufen, verkaufen, kochen, tragen irgendetwas, laufen, schimpfen, lachen…

Jetzt wird es doch dunkel und es zeigt sich, dass viele Dörfer gar keine Elektrizität haben. Das Ganze geht im Finsteren weiter. Ein bisschen gruselig, oder besser: ungewohnt, vor allem aber: arm. Hier ist das BIP sicher sehr niedrig. Dabei sehen die Menschen hier selbstbewusst und stolz aus. Vor allem die Frauen mit ihren Kleidern in kräftigen Farben. Aber eben nicht wohlhabend. Dass es hier einen großen Wunsch nach Wohlstand gibt, ist nur zu verständlich.

Nach zweieinhalb Stunden Schlagloch-Slalom kommen wir endlich nach Kivoga. Eigentlich auch so ein Dorf, aber man merkt sofort: hier ist etwas anders. Es gibt Straßenbeleuchtung, die Autos heizen nicht ganz so wild quer durch den Ort, es gibt einige Geschäfte und sogar eine Kneipe. Und es gibt mehrere Schulen. Dank Denis Ndikumana und Project Human Aid ist dieses Dorf ein Leuchtturm – und damit ein gutes Beispiel für andere Dörfer. Später mehr dazu, denn deshalb bin ich ja hierhergekommen!

Hier bekommen wir nicht nur ein Abendbier, sondern werden auch professionell von drei jungen Damen aus der Berufsschule bewirtet. Es gibt Hähnchenschlegel mit Pommes und Zwiebeln. Lecker. Außerdem liegt da auch so eine lustige kleine rote Paprika, die ich einem Happs verdrücke. Der Fachmann lächelt: Anfängerfehler! Ich bekomme zwei Minuten lang kein Wort heraus, und diverse Körperflüssigkeiten laufen mir aus allen möglichen Körperöffnungen. Als ich wieder sprechen kann, fällt mir das französische Wort für Serviette nicht ein, was meine Qualen verlängert. Als mein Hirn wieder Normaltemperatur erreicht, wird mir klar, dass Serviette mit Serviette übersetzt wird. Und dann geht es auch schon wieder.

Nach der langen Fahrt bin ich müde; schreibe noch ein bisschen an diesem Text und schlafe in meinem einfachen und schönen Zimmer.

Morgen geht es weiter…

7 Kommentare

  1. Florian Wiegers

    Sehr interessant und aufschlussreich. Freue mich schon auf die weiteren Berichte.

  2. Hedwig Cordes

    Oh, den Fehler mit der kleinen Paprika, bei mir war sie grün damals, habe ich vor Jahren auch in Kenia gemacht. Das ist ja spannend, was Du so schreibst. Vielen Dank für Deine Berichte. Liebe Grüße Bobby

  3. Hiltrud Cordes

    Weiterhin gute Reise ❤️

  4. Michael P. Sommer

    Danke für den informativen Bericht!

  5. Veronika Cordes

    Mir ist als reiste ich mit. So schön plastisch!

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